Faule Eier und Stünkende butter

Exklusivinterview mit Friedrich II. zu  dessen 300. Geburtstag

wn:  Majestät, was halten Sie von dem Rummel um Ihren Geburtstag?

F: Ich bitte um deutlichen bericht an. In dunkeln Sachen verstee ich armer Teufel nicht.

wn:  Allein in Potsdam 150 Veranstaltungen dazu.

F: Mir scheint, dass alles ein Maß haben muß.

wn:  Das auf Ihren Befehl hin trockengelegte Oderbruch, Majestät, ist im vergangenen Jahr sozusagen abgesoffen. Was sollen die Behörden da tun?

F: Solche Idioten und Schelme wie die Landbaumeisters bei den Cameren seindt in der Welt nicht zu finden. Sie sollen nicht so faul sein, nicht so viel reisen, sondern mehr arbeiten, auf das bei Sachen, dar es höchst nöthig ist, das promte hülfe geschiehet, solches nicht verseumet wird. Wor die Räthe nicht Blei im hindern haben, muß der Treibsamste hingeschicket werden umb die Arbeit zu accelleriren.

wn:  Das Land Brandenburg hatte Dienstwagenaffären, aber Ihre Präsidenten wollten bekanntlich auch immer mehr Dienstpferde haben.

F.: Kerls sollen 8 Pferde haben und wan sie corpulenter wirdt 10 bis 12.

wn:  Seit 1990 ist das deutsche Vaterland vereint, Majestät, viele und vor allem hohe Beamte  aus West- und Süddeutschland herrschen jetzt in Potsdam. Auch Sie haben ja seinerzeit Erfahrungen mit Westdeutschen gesammelt.

F.: Das sein dumme Oxen, aber malitiös wie der Deuffel, die Nacion ist intrigant und falsch dabei und saufen wie die Beester, mehr wissen sie nicht.

wn:  Da wechseln wir mal lieber das das Thema. Ein Geständnis, Majestät, Brandenburg sieht heute im deutschen Schulvergleich nicht gut aus.

F. Die Saksen haben bessere Schulmeister wie wihr?

wn:  Ja, und die Landeskinder gehen anderswo die Lehre.

F.: Der Sohn Kann alles hier lernen, und wird Nirgendt in einer besseren Schule als bei Vahter Seindt.

wn:  Wie finden Sie denn vor diesem Hintergrund, dass die Regierung in Brandenburg noch Prämien dafür gezahlt hat, dass die Leute weggehen?

F.: Das Directorium soll leute ins landt zihen und nicht hinaus Schaffen.

wn:  Was meinen Sie dazu, dass Brandenburgs Ministerien und Präsidien im Glanze erstrahlen und Ihr Potsdamer Schloss nun wieder entsteht?

F.: Das sind alles unnütze Ausgaben, und es ist gar nicht abzusehen, wie grausam viel Geld dazu nöthig ist. Paleste seindt nicht zu bauen, Sondern Schaf Ställe und Wirtschaftsgebeude, das kann ein Mauerer so gut als paladio.

wn:  Aber das Schloss wird gebaut nach den Plänen Ihres Baumeisters von Knobelsdorff.

F.: Knobelsdorff? Der executiret nichts, wie ich es haben will, und ist faul wie ein Artilleriepferd.

wn:  Auf den Adel haben Sie ja immer große Stücke gehalten. Deutschland versucht es  gerade wieder mit dem Adel, aber mit dem Verteidigungsminister zu Guttenberg hatte es weniger Glück.

F.: An die Grafen im Dienst ist nichts, halten niemals lange aus er kann den abschied kriegen.

wn:  Er ist nach wie vor der Liebling vieler.

F.: Junge Grafen, die nichts lernen, sind Ignoranten in allen ländern. Im Falle nun aus einem Grafen etwas werden und er der Welt und seinem Vaterland etwas nützen soll, so muß er sich auf Titel und Geburt nichts einbilden, denn das sind nur Narrenpossen.  Man adelt nur diejenigen Leute, die Verdienste haben und sich vorzüglich meritiert gemacht. Aber nicht Kerls, die bloß reich werden.

wn:  Wie manche glauben, sollen Sie ein Verfechter der Toleranz gewesen sein. Andere sind sich da nicht so sicher.

F.: Die Toleranz muss jedem Staatsbürger die Freiheit sichern, zu glauben, was er will. Aber sie darf nicht so weit gehen, dass sie die Frechheit und Zügellosigkeit junger Hitzköpfe gutheißt, die das vom Volk Verehrte dreist beschimpfen.

wn:  Aber war es wirklich nötig, für unbefugte Schriftstellerei als Strafe den Kriegsdienst zu verhängen?

F.: Fürwahr – Warum soll das Publikum seine Zeit vergeuden, nur weil ein Narr auf den Einfall gekommen ist, unter die Schriftsteller zu gehen und seine wunderlichen Ansichten zum besten zu geben?

wn:  In Brandenburg tagt gerade eine Enquetekommission, weil angeblich noch immer zu viele Menschen in einem falschen Glauben sind.

F.: Das ist Faule Eier und Stünkende butter. Man schafft eine lächerliche Religion ab und führt eine noch sinnlosere ein. Aber ich halte es für ungeschickt, ja gefährlich, zu verbieten, dass die Kinder öffentlich mit Aberglauben gefüttert werden, wenn ihre Väter das wollen.

Das Gespräch führte Wilfried Neiße
Die Zitate sind entnommen: „Friedrich II. Wonach er sich zu richten hat.“ Eulenspiegel Verlag 1988