Der Anfang vom Ende

der bundesdeutschen Volksparteien

Nach dem, was vorher passiert ist, hat die CDU noch Glück gehabt: #niewiedercdu auf Tausenden von Plakaten gegen die Urheberrechtsnovelle und dann noch dieses Video von Rezo. Sieben Prozent Verlust sind dafür eigentlich sehr wenig.

Was ist passiert? Die Partei hat eigentlich doch nur getan, was sie immer getan hat: gelogen und betrogen. Das ist so viele Jahre gut gegangen, Lobby- und Klientelpolitik. Und die Wähler haben das gustiert.

Warum ist das Ende da?  Dafür gibt es viele Gründe. Fürs Lügen wird ja in diesem Lande keiner bestraft. Die CDU am allerwenigsten. Roland Koch ist in Hessen, obwohl absolut klar war, dass er die Wähler belogen hat, wiedergewählt worden. Er hat sich rechtzeitig aus dem Staub gemacht.

Was hat die CDU falsch gemacht? Ich sollte jetzt eine Liste von zwanzig Stichpunkten aufmachen, aber ich nenne nur die wichtigen:

digitale und kommunikative Inkompetenz: AKK hält einen Youtuber für ein journalistisches Medium. Der Mann (Junge?) spricht aber nur für sich selbst. Er hat lange daran gearbeitet, so viele Follower zu finden. Jetzt hat er es geschafft. Die CDU hätte die gleiche Chance gehabt.

Aber was tut sie? Sie setzt eine von einer Uralt-Lobby-gesteuerte  Urheberrechtsreform durch und verstößt sogleich dagegen. AKK hat die geniale Idee, das zu tun, was Renzo schon immer macht: authentische mediale Aufmerksamkeit zu erlangen, an den klassischen Printmedien vorbei. Natürlich macht sie alles falsch und will dann wieder zurück zu einem Vergleich mit dem (sterbenden) Printmedium. Die Frau hat nicht gemerkt, dass sie jetzt in einer anderen Zeit lebt, wo es die alten Privilegien der CDU auf Print-Aufmerksamkeit nicht mehr gibt. Selbst die klassischen Printformate haben sich von ihr abgewendet: https://www.spiegel.de/politik/deutschland/annegret-kramp-karrenbauer-die-selbstzerstoerung-der-akk-a-1269632.html .  

Die Kommunikation der CDU lebt immer noch in einer Welt der medialen Vorherrschaft, so ähnlich wie Bayern-München im Fußball. AKK’s Rede ist nach dem Spiegel-Beitrag „nicht mit der Fähigkeit zum klaren Ausdruck gesegnet“. Übersetzt heißt das, sie hat uns von Anfang an mit den gängigen CDU-Phrasen beballert. Es gab nicht die Spur einer neuen Idee in ihren Reden. Angela Merkel hat das, ob aus Mangel an rhetorischen Fähigkeiten oder aus politischem Instinkt nicht getan. Die Wiederkehr der politischen Phrasen hat im Publikum ein ungutes Gefühl geweckt. Martin Schultz ist mit seinen gefühlsbetonten Gemeinplätzen gescheitert und AKK hätte das mit ein bisschen politischer Voraussicht vermeiden können. Voraussicht scheint also nicht so ihre Stärke zu sein.

Was die digitalen Nomaden und die Youtuber nervt, ist wahrscheinlich das Machtgehabe der CDU, das Bewusstsein über 70 Jahre die Kommunikation diktieren zu können. Diese Zeit ist vorbei. Kein Totalitarismus der rechtskonservativen mehr! Den Schritt in die digitale Welt, die dort geforderte Authentizität und ein Führertum, das auf Popularität und nicht auf Medien-Privilegien beruht, hat die CDU nie vermocht, weil man in der Partei nur im Schneckentempo mit einer breiten Schleimspur aufsteigen konnte.

Die SPD hat die Dresche abbekommen. Natürlich gehört sie dazu. Auch sie haben gelogen. Nicht ganz so dicke wie die CDU, aber es geht nicht immer gerecht zu (das sieht man schon am Endspiel des DFB-Pokal). Ich finde, sie sollte sich bei 4,5 Prozent stabilisieren und dann nach drei oder vier Wahlperioden einen Neuanfang wagen. Wer sich mit der CDU einlässt ist ja schließlich selber schuld.

Youtube-Popularität ist problematisch, aber nicht regelwidrig. Sie spiegelt die Möglichkeiten eines neuen Mediums, das nach eigenen Gesetzen funktioniert wider. Diese Problematik wird aber AKK und die CDU nicht mehr diskutieren können. Sie haben, mit einem Rückstand von ungefähr zehn Jahren, nicht mitbekommen, was dort passiert. Mit Digitalpakt und Urheberrechtsreform versucht sich die CDU und die SPD in einer antiquierten Obrigkeitspolitik. Was man versucht, mit den Händen aufzubauen reißt man mit dem Hintern ein. Beides sind Resultate digitaler Inkompetenz. Mein Tipp an AKK: es gibt gute Kurse für Digitalisierung, die von der Arbeitsagentur finanziert werden. Da sie demnächst als CDU-Chefin arbeitslos wird (Twitter Hashtag: #annegeht ), könnte sie sich für einen von denen bewerben.